Es regnet. Nicht wie im Winter, wenn die Regentropfen beim Fahrradfahren ins Gesicht schlagen. Es regnet. Wie im Frühling. Der Regen und der Wind sind kühl auf der Haut, aber eine dicke Jacke trägt nur der Mann neben mir. Eigentlich sollte die Sonne scheinen, aber sie scheint nicht. Ich kann die Tage schon gar nicht mehr zählen, an denen sie mich morgens freundlich weckte und den ganzen Tag begleitete. Heute nicht. Es regnet.
Ich möchte hier weg. Nicht wie Fernweh, wenn man sich nach einem bestimmten Ort sehnt. Ich möchte hier weg. Als wäre ich einfach nicht hier. Ich treibe herum. Freunde fragen sich wie es mir geht. Meine Familie fragt sich wo ich bin. Ich bin doch hier. Ich möchte hier weg.
Am liebsten fahre ich zur Zeit mit dem Zug. Ich bin dann nicht hier. Keiner interessiert sich was ich hier tue, wohin ich fahre oder wer ich bin. Es gibt in einem Zug keinen Zwang irgendwer zu sein. Das ist gut so, denn ich weiß nicht wer ich bin. Ich treibe herum. Ich will dies nicht studieren, ich will das studieren und das auch. Ich möchte mich nicht ändern, ich will mich ändern und das auch.
Ein Zug fährt immer in eine Richtung. Er biegt nicht ab, er dreht nicht um. Ein Zug fährt immer in eine Richtung. Manchmal frage ich mich, ob man glücklicher wäre, wenn man keine Wahl hätte. Man hinterfragt nicht. Man geht immer in eine Richtung. Es gibt keine gute oder schlechte Wahl – immer geradeaus. Aber ich möchte die Weichen in meinem Leben. Ich möchte kurz gerüttelt werden, wenn ich die Gleise wechsele. Ich möchte auch mal woanders durchfahren. Ich möchte auch mal woanders ankommen.
Denke ich dabei zu passiv? Soll mir etwas passieren, anstatt es selbst in Fahrt zu bringen; die Lokomotive zu sein? Mein Vater hat mir gesagt: „Man hat immer mehr als drei Möglichkeiten.“ Ich denke darüber nach und finde drei Möglichkeiten. Aber wieso nehme ich nicht eine und fahre einfach los. Gehe meine Weg, und reflektiere danach. Wozu denke ich jetzt schon alle Wegbarkeiten und Unwegbarkeiten durch. Ich kann es nicht wissen – ich WILL es nicht wissen.
„Nächster Halt: Aachen Hauptbahnhof. Dieser Zug endet dort.“ Ich bin nicht angekommen.
Während Jupe diesen Text schreibt, fährt er in der RB1 von Duisburg nach Aachen. Er hört Jack Johnson. Es regnet.